"Es gibt keinen Zweifel, dass Engel existieren"

Bischof Friedhelm Hofmann über die Boten des Himmels


Jetzt sind sie wieder überall, halten Kerzen, tummeln sich auf Bechern und in Schneekugeln, lächeln von T-Shirts und Postkarten, trompeten frohlockend um die Wette. Engel führen die weihnachtlichen Paraden der himmlischen Heerscharen an. Reine Dekorations-Objekte - ohne Bezug zu ihrem biblischen Ursprung.

"Vom Himmel hoch, da komm ich her..." Es war ein Engel, der den Hirten die frohe Botschaft von Christi Geburt verkündete und sie auf die richtige Spur zur Krippe im Stall brachte. Schon im Alten Testament finden sich in der Bibel viele Hinweise auf die geflügelten Lichtgestalten. Sie melden sich immer dann, wenn es um eine Botschaft Gottes an die Menschen geht, treten auf als Beschützer, Mahner, Wächter - aber auch als Vollzieher des göttlichen Willens.

Warum Himmelsboten gerade in stürmischen Zeiten Hochkonjunktur haben, wird gern mit der Sehnsucht nach Schutz und Sicherheit begründet. Nach Ansicht der katholischen Kirche dienen Engel jenseits aller politischen Krisen als verlässlicher Ankerplatz für Gläubige. "Es gibt keinen Zweifel an ihrer Existenz", bekräftigt der Kölner Weihbischof Friedhelm Hofmann. "Nicht die Legende ist entscheidend, sondern unsere Wahrnehmung. Wir Menschen sind erreichbar für diese Geistwesen, wir bringen es fertig, mit tief in uns verwurzelten Antennen ihre Signale aufzufangen. So wie jemand felsenfest davon überzeugt sein kann, dass ein anderer Mensch ihn liebt. Zu beweisen und zu erklären ist das nicht. Aber die Realität als solche ist erfassbar. Mit den Engeln verhält es sich ganz ähnlich - ich kann mir bewusst machen, dass ich bei ihnen in den verlängerten Armen Gottes bin."

Nach welchem himmlischen Gesetz kommen die Schutztruppen zum Einsatz? Schwer vorstellbar, dass jeder Mensch sich auf seinen persönlichen Engel verlassen kann! "Warum sollten wir nicht alle einen haben?" fragt Hofmann erstaunt zurück. Schutzengel hätten nicht die Aufgabe, uns vor irdischem Unbill zu bewahren: "Ihre Bedeutung ist eine andere. Sie begleiten Menschen auf dem Weg zu ihrem ewigen Ziel. Es geht um das Gelingen unseres Lebens in der Anschauung Gottes. Und das hat eine ganz andere Dimension."

Auf der Suche nach einer Erklärung für die grassierende Engel-Inflation bringt Hofmann die Kirche ins Spiel: "Die Theologie hat das Thema lange vernachlässigt. Diese überzogene Abstinenz veranlasste die Künstler, sich in Literatur und Malerei mit Engeln zu beschäftigen - als eine Art Gegenbewegung." Die Verniedlichung und Vermarktung goutiert er nicht, nimmt sie aber hin: "Verständlich, dass man sich immer wieder an der Darstellung von Engeln versucht. Nur kann man diese Geistwesen eben nicht visualisieren! Es muss sich - und hier stimmen viele Berichte überein - um eine Lichterscheinung handeln. Wer immer mit Engeln in Berührung kommt, ist zunächst geschockt. Wird die Botschaft jedoch angenommen, kehrt ein tiefer innerer Frieden ein."

Er selbst, gibt er zögernd preis, habe auch einmal ihre verstörende Gegenwart gespürt. "Ich war am Ayer's Rock in Australien, dem heiligen Berg der Aborigines. An seinem Fuß gibt es eine Reihe von Kultstätten. Als ich den Berg besteigen wollte, schien es mir so, als kämpfte ich seelisch mit diesen Mythen. Es war mir unmöglich, weiter hinaufzusteigen - nicht aus physischer Schwäche! Die Situation empfand ich als ungewohnt und belastend. Ich betete den Rosenkranz und war froh, dass ich anschließend wenigstens wieder in der Lage war, nach unten zu gehen."

Regina Goldlücke


Bischof Friedhelm Hofmann. Bischof von Würzburg.

Weihbischof Friedhelm Hofmann von Köln wurde am 25. Juni 2004 von Papst Johannes Paul II. zum 88. Bischof der Diözese Würzburg ernannt.



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