Aus der Vorgeschichte
der Pfarrei St. Peter und Paul
Herne-Börnig-Sodingen


In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erzwingt die Industrialisierung auch einen stürmischen Gestaltwandel jenes bislang stillen Gebietes, das im Norden von den Bladenhorster Waldungen und dem Voßnacken, im Westen vom Ostbachtal, im Süden vom Gysenberg und im Osten von den Holthauser Höhen mit "Langeloh" und "Kleffchen" umgrenzt wird. Sehr dünn ist dieser Westteil des alten Amtes Castrop besiedelt. Um 1818 wird die Einwohnerzahl - es ist fast ausschließlich bäuerliche Bevölkerung - mit insgesamt 584 Personen angegeben, davon 546 katholischen Bekenntnisses. 90 alte Häuser gibt es! Alte Heberegister der Muttergemeinde lassen Namen von Gehöften aufleben, die zum Teil bis
zur Stunde in den Familien weiterleben und eine lange Sesshaftigkeit aussagen, zum Beispiel:

Börnig:
Bornemann an der Bornquelle; Werth; Gülker; Herntrey; Vortmann; Hoffmann; Drögendick; Beckmann (Borg); Koller (Dorlöchter); Buchte; Stromberg; Böhmer; Tinnemann; Sonntag; Steffen.

Vellwig:
Tönnies (Schulte-Uhlenbruch); Klute (Werth); Koop; Wefer.

Voßnacken:
Westerbusch; Sehrbruch; Behmer; Baack; Dücker.

Sodingen:
Schulte zu Uhlenbruch; Schulte Alstedde; Kleinalstedde gen. Bergerhoff; Stegmann; Trappe; Arndt; Cordt (Südermayer); Nöthe.

Giesenberg:
Haus Giesenberg; Wittenberg; Kranenberg; Kipp (Wichtmann); Heiermann.


Kirchlich gehören alle Bewohner der Bauernschaften zur Pfarrei St. Lambertus in Castrop, die urkundlich 1262 erstmalig als selbständige Pfarre erwähnt wird. Vom Eigenleben der Bauernschaften wissen wir so gut wie nichts. Sie nahmen - recht und schlecht - am Leben der Muttergemeinde teil, wurden von einem für die Außenbezirke angestellten Vikar visitiert, der den Unterricht versah und um die heranwachsende Jugend besorgt war.

Einzige Denkwürdigkeit war das Pestkreuz hier im "Eschfeld" an der Linde. Einem uralten Gelöbnis aus der Zeit des 30jährigen Krieges zufolge kam man dort in jedem Jahr am Urbanustag (25. Mai) zusammen und opferte für die Armen aus dem Eigenen: Brot, Butter, Eier, auch Geld. Bis in unsere Tage hinein blieb das Kreuz an der Linde erhalten, die Stadtplanung wird für einen neuen Standort und eine würdige Gestalt sorgen, damit die einzige besondere für unseren Raum bezeugte Vätersitte nicht in der Erinnerung versinkt.


In die 70er Jahre fallen entscheidende Ereignisse. Im Norden unserer Gemeinde werden die Grubenfelder "Gutes Recht" erschlossen, ab 1870 vereint zur "Zeche Friedrich der Große". Auf dem Gelände von Schulte-Alstedde wird der erste Schacht von "Mont-Cenis" niedergebracht. In 190 m Tiefe schon stößt man auf das Steinkohlengebirge. 1897 erstellt man eine zweite Schachtanlage. Damit ist dieses Gebiet zum Anziehungspunkt Arbeitsuchender aus nah und fern geworden. Zwar sind einige Zechen in der unmittelbaren Nachbarschaft früher gegründet worden. Etliche Männer aus unserem Gebiet hatten dort Arbeit auf genommen. Nun strömt mit einem Male eine verhältnismäßig schnell wachsende Bevölkerung hier zusammen.

Unmittelbare Folge: Die Muttergemeinde kann die seelsorgliche Betreuung nur noch auf dem Wege über eine eigene Gottesdienst-Station erreichen. Damit ist die Notwendigkeit eines selbständigen Geistlichen in diesem Bezirk gegeben: die Geschichte der katholischen Gemeinde St. Peter und Paul in Herne-Börnig-Sodingen beginnt hier an diesem Zeitpunkt!

Text 1967: Pfarrer Theodor Pott


Theodor Pott geboren 12. 06. 1925 in Gelsenkirchen
Priesterweihe am 06. 08. 1952 in Paderborn.
Pfarrer von St. Peter und Paul in Herne-Börnig-Sodingen von 1964 - 1972.
(Heimgegangen zu Gott am 18.10.1972 in Herne-Sodingen)