Ansprache von P. Barnabas Stephan
im Dankgottesdienst zum 80 jährigen Bestehen
des Missionsärztlichen Institutes in Würzburg am 03.12.2002
In Gott ist Weite
Schwestern und Brüder im Missionsärztlichen Institut, liebe
Schwestern und Brüder in den Krankenzimmern, verehrte Festversammlung,
wir haben uns heute, am 3. Dezember 2002 versammelt, um Gott zu danken
für 80 Jahre des Bestehens des Missionsärztlichen Institutes.
Als Pater Dr. Christoph Becker das Institut an der Gerbrunner Straße
in Würzburg heute vor 80 Jahre einweihte, löste sich über
der Eingangstür ein großer Stein, der herabstürzte und alle
Anwesenden sehr betroffen machte. Pater Becker sah darin ein Zeichen, dass
wir immer an unserem Institut äußere und innere Aufbauarbeiten
zu leisten haben.
Alles in dieser Welt ist dem Entstehen, dem Werden, dem Wachsen, dem
Wandel und der Veränderung unterworfen. Veränderung hat mit Loslassen
und Sterben zu tun. Jede Ära unseres Institutes hat ihre spezielle
Epoche und ihre Leute, die das Institut trugen und tragen. Ohne Sterbeprozesse
kann sie keine neue Gestalt entwickeln. Eine neue Gestalt hat mit Hoffnung
zu tun. Hoffnung ist ein gutes Lebensprinzip. So ist es angebracht, in
dieser Stunde Gott zu bitten, uns immer eine neue Generation von Medizinern
zu schenken, die unser Missionsärztliches Institut mit jeweils neuen
Ideen, Aufgabenstellungen, Geist und Leben füllen, um es in die Zukunft
weiterzutragen. Sagt uns doch Pater Becker: „Arme und Kranke sollen durch
uns in aller Welt Heilung und Hilfe finden.“
Arme und Kranke aber wird es immer geben
80 Jahre lang haben Mitglieder unseres Institutes im medizinischen
Missionsdienst segensreich in vielen Ländern dieser Erde gewirkt.
Sie haben durch ihr TUN den Glauben verkündet. Sie haben versucht zu
tun, wie Jesus von Nazareth getan hat. Denn niemand hat die Welt tiefer verändert
als Jesus von Nazareth. Sein Leben unter Menschen bestand vor allem aus
ganz kleinen alltäglichen und sehr natürlichen Zuwendungen zu
den Allernächsten: Er liebte die Kinder, die Kranken, die Verachteten
und Geächteten, die von der Gesellschaft Ausgestoßenen, der
liebte jene, die ihn hassten und seinen Tod planten. Und dasselbe verlangte
er von denen, die ihm nachfolgen wollten. Mit dieser Liebe ließ
er den Pegelstand der Freude in der Welt steigen. Seine Liebe und Freude
kommen von weither: aus den Urquellen des ewigen Seins, und als solcher
teilt er sie den Seinigen mit, nicht zögernd und karg, sondern in
der Fülle: „Wie mich der Vater geliebt hat, so habe ich euch geliebt.
Bleibt in meiner Liebe“ – in der konkreten Nächsten- und Feindesliebe
-, „wie auch ich in der Liebe meines Vaters bleibe. Das habe ich zu euch
gesagt, auf dass meine Freude in euch sei und eure Freude vollkommen werde“
(Joh 15, 9-11)
Hans Urs von Balthasar gibt uns ein Wort mit auf dem Weg:
„Wir haben dringende innerweltliche Aufgaben: für irdische Gerechtigkeit
zu kämpfen, gegen Hunger und Krankheit, Tyrannei und Terrorismus
zu kämpfen. Mit gutem Mut, aber doch im Wissen, dass wir das Böse
und Negative und den Tod nie ausrotten werden: Licht und Dunkel wechseln
im Dasein wie der Tag und die Nacht, die Gott geschaffen hat. Wir haben
redlich zu kämpfen, aber auch ehrlich einzugestehen, dass wir die
Gesetze der Welt nie ändern, nie von der Schaukel des Schicksals zwischen
Hoch und Tief, Leben und Tod befreit sein werden. Wir dürfen uns aber
dessen getrösten, dass Gott in Jesus Christus mit uns zusammen und
über uns hinaus alle Dimensionen des Daseins kennt, aus Erfahrung,
und dass er uns an dieser seiner Erfahrung teilgibt. „Wenn ich schwach
bin“, sagt der Apostel, „dann bin ich stark.“ Wenn ich mit Christus zusammen,
in seinem Geist arm bin, dann bin ich reich.
Fürchten wir uns deshalb nicht vor der neu sich öffnenden
Zukunft: sie wird uns neu vom Licht ins Dunkel und zurück ins Licht
schaukeln, aber nie hinaus aus Gottes Dimensionen."
Denn in Gott ist Weite
Amen