Mariannhiller Kirche und Seminar 1927/1928


 Zur Baugeschichte des Piusseminars in Würzburg. 

Trotz finanzieller Schwierigkeit sollte ein Zentralseminar in Europa entstehen, da die Verlegung der Ausbildung nach Südafrika auch mit großen Schwierigkeiten verbunden war. Mit den ersten Missionshäusern in Europa war es der Mariannhiller Kongregation gelungen, die Postulats- und Noviziatsausbildung im Ursprungsland der Kandidaten einzurichten, nun sollte auch die Priesterausbildung in Deutschland etabliert werden.

Entschluss zum Bau eines Seminars 

Am 6. März 1926 fand das Generalkapitel in Mariannhill statt, auf dem 
P. Hermann Arndt als Nachfolger von Bischof Fleischer
zum Generalsuperior gewählt wurde. Das Kapitel befasste sich auch mit einer Eingabe von Provinzial P. Ludwig Tremel auf Verlegung des theologischen Studiums nach Deutschland. In einem Schreiben von P. Hermann Arndt an P. Ludwig Tremel vom 22. März 1926 heißt es unter Punkt IV:

"Nach Beschluss des Generalkapitels sollen die höheren Studien wieder in Europa sein. P. Provinzial und seine Räte sollen Schritte unternehmen und wenn möglich in Eichstätt Grund und Boden für ein künftiges Studienheim erwerben. Wenn es dort nicht möglich sei, soll man zunächst in Würzburg Umschau halten."

Die Generalleitung favorisierte demnach Eichstätt als Standort des Seminars, während sich der Provinzialrat geschlossen für Würzburg aussprach. Ausschlaggebend fur den Standort Würzburg, dürfte die verkehrsgerechte und zentrale Lage der Stadt gewesen sein. Auch war die Mariannhiller Kongregation in Würzburg durch eine Vertretung bereits anwesend, und die Kleriker studierten hier bereits an der Universität. 

Würzburg lag für die übrigen deutschen Häuser der Genossenschaft 
sehr günstig. Auf der Strecke Würzburg - Köln - Kleve  oder Venlo waren das Studienseminar Aloysianum Lohr a. Main, Vertretung Köln und Noviziat St. Paul in Holland, mit besten Zugverbindungen verhältnismäßig bald zu erreichen, ebenfalls das Missionshaus St. Joseph, Reimlingen mit der Strecke Würzburg - Ansbach - Nördlingen. Das Brüderausbildungshaus und Ökonomiegut St. Benedikt liegt 22 km nördlich von Würzburg. Kandidaten aus dem Süden und Norden Deutschlands fanden in Würzburg den besten Treffpunkt. Vor allem die geschichtliche Verbindung der Mariannhiller Mission mit Würzburg als Sitz der ältesten Vertretung  dürfte den Ausschlag für die Ansiedlung des Priesterseminars in dieser Stadt gegeben haben. Im Herbst 1926 konnte durch Vermittlung der Stadt und Herrn Ingenieur Schömig das 1,2 ha große Grundstück  am Mönchberg erworben werden. 
 

Bauführung und Bauleitung oblagen P. Leander Emhart und 
Architekt Prof. Dr. Albert Boßlet 

Der Generalrat übertrug die Bauleitung an die europäische Provinz. 
Offizieller Bauherr war deshalb P. Provinzial Ludwig Tremel, der vor Ort durch den Prokurator P. Leander Emhart vertreten wurde. Ihm oblagen die Vorbesprechungen mit der Stadt und die Planung im Zusammenwirken mit dem Architekten. Das Baubüro wurde am 15. März 1927 in der Mariannhiller Vertretung am Pleicher Ring 3 eröffnet. 

P. Leander hatte seine Befähigung als Baumeister bereits durch den Seminarneubau in Reimlingen unter Beweis gestellt. 

Die rasche Erstellung dieses Baus trotz der schlechten wirtschaftlichen Lage  war der Erfolg seiner Arbeit gewesen. Später wurde er Rektor des Aloysianums in Lohr und gleichzeitig auch von Ebenroth. Als Prokurator des Generalats wurde er nach Würzburg versetzt und mit dem Bau des Piusseminars betraut. Die moderne Bauweise und die Einrichtung des großen Gebäudes brachte ihm von außerhalb der Kongregation, wie auch von innen, nicht nur Anerkennung.
P. Leander hatte schon fur das Seminar in Reimlingen großzügige Pläne erstellt, aber das neue Priesterseminar war für viele zu modern eingerichtet und zu reich ausgestattet. Diese Klage wird auch in einigen Berichten von der Einweihung des Piusseminars deutlich.

Prof. Dr. Albert Boßlet hatte sich bereits einen guten Namen als Kirchenarchitekt erworben.

Boßlet ist in seiner stark ausgeprägten Künstlerindividualität viel zu sehr Maler, um mit dem klaren Blick und der geistigen Beweglichkeit des Pfälzers diese für den Kultbau so wichtigen Momente außer acht zu lassen. Er ist aber auch geleitet von einem angeborenen kirchlichen Taktgefühl - sich jederzeit bewusst - dass bei aller Auswertung des Baustoffes und der Konstruktionsmöglichkeiten der Neuzeit die Zweckgesinnung als Haus und Raum des Mysteriums und der liturgisch kirchliche Grundgedanke im katholischen Kirchenbau richtungsgebend sein muss.

Prof. Boßlet führte die Pläne für das Piusseminar der Mariannhiller
Missionskongregation zusammen mit dem Neubau des benachbarten
Missionsärztlichen Instituts durch. Von beiden Gesellschaften wurde er mit den Plänen und der Durchführung des Baus beauftragt. 
 


 
 
Grundsteinlegung des Mariannhiller Piusseminars durch P. Generalsuperior Hermann Arndt
Grundsteinlegung des
Mariannhiller Piusseminars 
am 3. September 1927
durch P. Generalsuperior 
Hermann Arndt

 
 
Turmfundamente Mariannhiller Piusseminar in Würzburg
Mauern des Turmfundamentes
am 25 Juli 1927
Seminardach der Kirche von Mariannhill Würzburg 1927
Seminardach der Kirche
am 20. November 1927

 
 
Der Bau des Seminars

Am 8. Juni 1927 konnten die Bauarbeiten am Mönchberg beginnen. 
Die Baupläne waren fertig und in München wurde ein Modell angefertigt. Beide wurden am 31. Mai dem Stadtrat von Würzburg überreicht zur Erlangung der baupolizeilichen Genehmigung. Die Bauarbeiten wurden an zwei große Würzburger Firmen übergeben. Die Vorgenehmigung zum Bauen war bereits erteilt. Am 1. Juni erfolgt der erste Spatenstich.

Zuerst mussten die zwei Baufirmen Zufahrtswege zur Baustelle anlegen  und teilweise wurde sogar ab 4.00 Uhr früh in zwei Schichten gearbeitet, um den Bau in einer möglichst kurzen Zeit zu errichten. 

Es wurde 57000 cbm umbauter Raum erstellt. Davon fielen 23300 cbm auf das Seminar, 23700 cbm auf Kirche und Turm, 10000 auf das Schwestern- und Wirtschaftsgebäude. Wegen der ungünstigen Lage des Baugeländes  mussten 12400 cbm ausgehoben werden, 7000 mussten davon abgefahren werden. Beim Bau kamen 3850 cbm Backsteine und 8500 cbm Eisenbetondecken zur Verwendung.

Am 3. September 1927 wurde durch Generalsuperior P. Hermann Arndt der Grundstein gelegt. Die Arbeiten am Bau wurden sehr zügig weitergeführt. 

Obwohl 140 Arbeiter am Bau beschäftigt waren, verlief alles ohne Unfall. Fast in Jahresfrist hatte man den Kolossalbau vollendet. Der Innenausbau dauerte noch bis Ende Juni. Als Krönung des Werkes wurde am 30. März 1928 das wuchtige Betonkreuz auf dem Turm aufgerichtet.

Prof. Boßlet setzte mit dem Seminarneubau einen städtebaulichen Akzent, da der Mönchberg zur Bauzeit noch fast unbebaut war und die Anlage des Piusseminars das Bild dieses Stadtteils beherrschte.
 

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