Sein Name ist ein Gütezeichen. Vielleicht lebte er fünfzig Jahre zu früh. Heute, wo die Naturheilkunde mehr zu Ehren kommt, wäre Bruder Fridolin der Mann der Stunde. Aber, genau genommen, war er es auch zu seiner Zeit. Der Zulauf an Patienten, die seinen Rat suchten, war von Anfang an groß. Nicht nur aus dem Schwabenland kamen Patienten - auch aus ganz Deutschland, Holland, Österreich, Schweiz, USA und Australien. Man sagte dem Ordensmann mit dem langen Bart und den guten Augen nach, er könne über die Augendiagnostik nicht nur die Krankheiten des Körpers erkennen, sondern auch die der Seele. Wenn ein Patient mit Gott nicht im Frieden war, und um Heilung von seinen körperlichen Gebrechen bat, dann sagte Bruder Fridolin: "Du gehst erst mal rüber ins Kloster und legst eine Lebensbeichte ab. Dann kommst du wieder zu mir. Wir wollen sehen, ob wir dich auch körperlich kurieren können. . . " (Ganzheitlich heilen!) Bruder Fridolin stammte aus einer Bauernfamilie in Hamboeken (Schnüffelshöhe) in Westfalen. Er wurde am 15. Juli 1883 geboren, und erhielt in der Taufe den Namen Alois. Die Eltern waren bekannt und beliebt als gute und fleißige Leute. Bald nach dem ersten Weltkrieg trat Alois Fahlenbock bei den Missionaren von Mariannhill ein, und erhielt den Ordensnamen Bruder Fridolin. Zunächst wurde er in der Klostergemeinschaft als Landwirt eingesetzt. Nach der Ordensprofess übernahm er im neugegründeten Missionshaus in Reimlingen das Amt des Schaffners. Mit zäher Ausdauer baute er die Landwirtschaft auf. Als 1929 auf dem Gelände der Mariannhiller nach Wasser gesucht und ein Wünschelrutengänger bestellt wurde, um ergiebige Wasseradern ausfindig zu machen, ließ sich Bruder Fridolin - mehr aus Neugier - die Rute geben. Er wollte es auch mal probieren. Und siehe da, sie schlug kräftig aus. Der Rutengänger war sehr erstaunt. Ihm war sofort klar, der Ordensmann muss außergewöhnliche magnetische Kräfte haben! Bruder Fridolin bekam die Erlaubnis einen Heilpraktiker-Kurs zu machen. Er wurde Mitglied des Deutschen Heilpraktikerverbandes und eröffnete in Reimlingen seine eigene Praxis. Unzähligen Menschen hat er in vielen Jahren helfen dürfen. Oft genügte ein kurzer Blick des Augen-Diagnostikers, um die Beschwerden zu lokalisieren. Wenn möglich, verschrieb er Naturheilmittel. Wo er selbst nicht helfen konnte, verwies er die Kranken an Ärzte oder Krankenhäuser. Während des Krieges konnte Bruder Fridolin seine Heilpraxis weiterführen. Das große Vertrauen, das ihm die Patienten entgegenbrachten, wurde meistens belohnt. Da er jeden mit Du anredete, entstand oft auch bei dem Kranken eine Art persönliche Zuneigung, die es Bruder Fridolin erlaubte, auch "seelische" Probleme anzusprechen. Niemand nahm es ihm daher übel, wenn er jemanden erst mal zum Beichtvater schickte, wusste man doch allenthalben, dass der freundliche und liebevolle Bruder "bis auf den Seelengrund" schauen konnte! Bruder Fridolin stellte nach alten Klosterrezepten auch eigene Heilmittel her, vor allem Heilsalben und Heiltropfen. Eine ganze Reihe von Teesorten gehen auf ihn zurück. Großfirmen zur Herstellung von Medikamenten und Heilmitteln haben seine Rezepte übernommen und vertreiben heute noch diese bewährten Hausmittel von Bruder Fridolin. Der Ruf des Mariannhiller Bruders
konnte
nicht einmal durch die Machthaber des Dritten Reiches geschmälert
werden. Sie lockten ihn mit besonderen Angeboten, wollten, dass er das
Kloster verlasse.
Doch er blieb seiner Gemeinschaft treu erst recht, nachdem ihn die
Nazis
eine Woche lang zur Untersuchungshaft eingesperrt hatten. Trotz seiner
sehr
aufreibenden Tätigkeit als Heilpraktiker ließ Bruder
Fridolin
es sich nie nehmen, auch die Verpflichtungen gegenüber der
Ordensgemeinde
einzuhalten. Am Morgen war er einer der ersten in der Kapelle. Im Gebet
holte
er sich immer wieder die Kraft für seinen heilenden Dienst. Er
blieb
immer einfach und bescheiden.
1952 legte Bruder Fridolin seine Reimlinger Praxis in die Hände eines jüngeren Mitbruders und siedelte nach Lindau in ein Haus der Mariannhiller um, wo er weiterhin praktizierte. Heute noch gibt es eine Heilpraxis im Missionshaus in Reimlingen. 1959 bereitete sich Bruder
Fridolin
im Josefskrankenhaus in Buchloe (Schwaben) auf den Tod vor. Bruder
Fridolin starb am 30. Juli 1961. Auf dem Friedhof in Reimlingen wurde
seine sterbliche Hülle begraben.
QQ:vgl. "Mariannhill" 6 /1958; T. Kempf; "Mariannhill" 11/1961; "Mariannhill" 8/1962; Chronik Missionshaus Reimlingen; Nekrologium CMM 30.07.1961; Lit.: A. L. Balling, Mariannhiller Porträts (Würzburg 1990); - ders., Menschen 157-161. Barnabas Stephan
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