Bischof Alfons Streit CMM
Bischof
Alfons  Streit
1893-1970
 

Missionsbischof
in Mariannhill
Südafrika


 
 

Am Sonntagmorgen, dem 21. Juni 1970, eilte der 76 jährige Bischof Alfons Streit von Mariannhill in Südafrika flinken Fußes durch die einzelnen Institute des Missionszentrums. Er hatte eine frohe Kunde bekanntzugeben: Martin Elmar Schmid, ein Mitbruder aus Bulawayo/Simbabwe, sei vom Papst zu seinem Nachfolger ernannt worden. Seit einem Jahr hatte Alfons Streit darauf gewartet. Endlich war es so weit! 

Gegen Mittag desselben Tages fühlte sich Streit nicht recht wohl; man brachte ihn sofort ins Marienhospital. Die Ärzte stellten einen Schlaganfall fest. Gegen acht Uhr abends, noch ehe sein Mitbruder im Bischofsamt, Erzbischof Denis Hurley, herbeieilen konnte, entschlief er friedlich im Herrn. Die Einführung seines Nachfolgers als Bischof von Mariannhill durfte er nicht mehr erleben.

Bischof Streit war gebürtiger Unterfranke. In UnterpIeichfeld bei Würzburg hatte er am 6. Dezember 1893 das Licht der Welt erblickt, als erstes von neun Kindern einer einfachen Bauernfamilie. Auf dem elterlichen Hof half er von klein auf mit. Während des Ersten Weltkrieges wurde der junge Mann zu den Fahnen gerufen; er erlebte den blutigen Stellungskrieg in Frankreich und geriet gegen Kriegsende in englische Gefangenschaft. Hier, im Gefangenenlager, lernte er einen evangelischen Theologen kennen, mit dem er sich anfreundete. In unzähligen Gesprächen wurden religiöse Themen diskutiert. So dämmerte in Alfons Streit allmählich der Gedanke, selbst Theologie zu studieren, katholische Theologie. Der mittlerweile 25jährige ließ sich von seinem Landsmann Pfarrer Bötsch (er stammte ebenfalls aus Unterpleichfeld und war damals Präfekt im Studienseminar Ferdinandeum in Würzburg) die ersten Lateinstunden geben. Dann meldete er sich im Spätberufenenseminar der Mariannhiller in Reimlingen, legte einige Jahre später das Abitur ab und trat ins Noviziat der Missionsgemeinschaft ein. Im Dezember 1925 wurde er zum Weiterstudium nach Südafrika geschickt. Am 29. Juni 1929 empfing er in Mariathal-Mission die Priesterweihe, erteilt von Bischof Adalbero Fleischer, dessen Nachfolger er später werden sollte.

Nach kurzer Tätigkeit in Mariannhill wurde Pater Streit nach Rhodesien (heute Simbabwe) versetzt; in der Industriestadt Bulawayo zur Seelsorgearbeit. Später wirkte er (insgesamt neun Jahre) als Präfekt und Rektor in Embakwe, einem Missionszentrum in unmittelbarer Nähe von Botswana. Von hier wurde er nach Natal berufen - als Provinzial der Mariannhiller im südlichen Afrika. Das war 1947. Drei Jahre später, im Dezember 1950, ernannte ihn Papst Pius XII. zum Bischof von Mariannhill.

Das Bistum Mariannhill, dem Bischof Streit vorstand, hatte mit Abstand unter den Diözesen des Landes die größte Zahl afrikanischer Katholiken. Allein 20.000 Kinder des Missionssprengels besuchten damals katholische Schulen, mehr als ein Fünftel aller afrikanischen Kinder, die in Südafrika auf katholische Schulen gingen.

Das brachte großeProbleme mit sich; denn die Missionsschulen erhielten keine staatlichen Zuschüsse. Bischof Streit musste die Gelder zum Unterhalt der Schulen selber besorgen, teils durch Schulgeld, das die Eltern entrichten mussten, teils durch Spendenaktionen in Europa und Nordamerika. Ein großer Förderer der Diözese Mariannhill war Bischof Keller von Münster, ein persönlicher Freund von Bischof Streit.

Bischof Streit war ein sympathischer und frommer Mann. Sein bischöflicher Wahlspruch lautete: "Superimpendar pro animabus vestris" (Ich werde verzehrt werden für eure Seelen), ein Wort des heiligen Paulus an die Korinther.

In seinem Bischofswappen kam dieser Gedanke gleichfalls zum Ausdruck: ein Pelikan als Symbol der Opferbereitschaft; ein Fisch und ein Korb mit Broten - Zeichen für die Eucharistie, aber auch für die Hilfsbereitschaft gegenüber den Hungernden und Notleidenden; die Buchstaben MH für Mariannhill, der Gemeinschaft, der er sich auch als Bischof stets verbunden fühlte. Er war und blieb Mariannhiller, Mitglied der Gemeinschaft, der er als 25jähriger beigetreten war.

Alfons Streit, der erst im Alter von 57 Jahren das Bischofsamt übernommen hat (für einen Missionsbischof ein eher "fortgeschrittenes" Alter!), wurde von Erzbischof Denis Hurley von Durban einmal mit Papst Leo XIII. verglichen: trotz silberweißem Haar und vorgerückten Jahren habe er nicht nur Großes geleistet, sondern auch Gutes. Er sei eben kein "Lückenbüßer" gewesen, sondern habe Wesentliches zur Festigung der katholischen Kirche in Südafrika beigetragen. Und - in Anspielung auf den Familiennamen -, Streit habe nie den Streit gesucht, ganz im Gegenteil, er sei ein ausgesprochener Advokat der Versöhnung und des Friedens gewesen.
Ein afrikanischer Lehrer sagte von Bischof Streit einmal, er habe noch nie in seinem Leben einen taktvolleren Menschen getroffen, "der mit jeder Situation fertig wird, und uns auch dann noch mit seiner einsichtigen Güte überraschen kann, wenn wir es am wenigsten erwarten".

In seinen Predigten und Referaten war Bischof Streit klar und einfach; man spürte, er meinte, was er sagte und er mühte sich, selbst zu leben, was er von anderen forderte.

Ein besonderes Anliegen war ihm die Förderung des einheimischen Priester- und Ordensnachwuchses. Seine Diözese zählte denn auch alsbald die meisten afrikanischen Priester in Südafrika. Diese Einstellung geht auf Franz Pfanner  und Bischof Michael Adalbero Fleischer CMM  zurück. Zu seiner Amtszeit wurde ein Teil der Diözese Mariannhill abgetrennt und dem ersten afrikanischen Bischof Südafrikas, Exzellenz Pius Bonaventura Dlamini, anvertraut. Ohne die Einwilligung von Bischof Streit wäre dies kaum möglich gewesen.

Mit seiner fränkischen Heimat hielt Streit gute Kontakte. Seinen Geburtsort Unterpleichfeld hatte er übrigens jahrzehntelang nicht wieder gesehen; erst nach seiner Ernennung zum Bischof durfte er erstmals als Priester vor die Heimatgemeinde treten. Der Jubel und die Freude waren groß. Und auch hier hatte er sofort die Sympathie der Menschen auf seiner Seite. Wo immer er auftrat - er war ein gerngesehener Gast.

Und als die Nachricht von seinem plötzlichen Tod im Frankenland eintraf, trauerten auch hier - wie im südlichen Afrika - Tausende von Gläubigen um diesen liebenswerten kleinen Bischof mit dem großen Herzen.
 

QQ: "Mariannhill" 7/1951; 12/1968; 3/1970 und 10/1970; Chronik, Gemeinde Unterpleichfeld; Kirchenbücher Kath. Pfarramt St. Laurentius Unterpleichfeld; Nekrologium CMM 21.6.1970;

Lit.: A. L. Balling, Mariannhiller Porträts (Würzburg 1990); - ders., Menschen 196-200.

Barnabas Stephan

 


 
 
weiter/next